Brief des Landesbischofs zur ForuM-Studie

DER LANDESBISCHOF
DER EVANGELISCH-LUTHERISCHEN KIRCHE IN BAYERN
Christian Kopp
München, 26. Januar 2024


Liebe Schwestern und Brüder,
die von der Evangelischen Kirche in Deutschland und allen Landeskirchen beauftragte
ForuM-Studie (Forschung zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt und anderen
Missbrauchsformen in der Evangelischen Kirche und Diakonie in Deutschland), die am 25.
Januar 2024 veröffentlicht wurde, erschüttert uns als Mitarbeitende und Mitglieder der
Evangelischen Kirche zutiefst. Ich stehe fassungslos vor jedem Fall einer betroffenen
Person. Sexualisierte Gewalt ist in jeder Form mit dem christlichen Glauben vollkommen
unvereinbar und widerspricht in allem den christlichen Grundhaltungen. Es schreit zum
Himmel, dass es im Raum der Evangelischen Kirche sexualisierte Gewalt gegen Kinder,
Frauen und Männer gibt.
Als Evangelische Kirche nehmen wir die Ergebnisse der ForuM-Studie an und analysieren
sie. Wir tun das mit all unseren Möglichkeiten in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in
Bayern und im Miteinander der EKD. In Bayern arbeiten wir seit Jahren daran,
verantwortlich mit den betroffenen Personen und den Umständen, die zu solchen Taten
geführt haben, umzugehen. Alle Risikofaktoren analysieren wir konsequent und bearbeiten
sie bestmöglich, um sie für die Zukunft auszuschließen. Dafür sind wir schon viele Schritte
gegangen – und wir werden weitere gehen. Die Studie wird uns dafür wertvolle Hinweise
geben, weil sie, ergänzend zu unseren Bemühungen, die Sicht der Betroffenen in den
Mittelpunkt rückt. Sexualisierte Gewalt darf keinen Platz haben im Raum der Kirche. Ich
bitte Sie alle in Ihren Verantwortungsbereichen bei Schulung, Intervention und Prävention
wie bisher aufmerksam zu sein und weitere Schritte zu gehen. Wir schaffen das nur
gemeinsam.
Im Medienecho auf die ForuM-Studie ist die unvollständige Berücksichtigung der
Personalakten aller Landeskirchen bei der Suche nach Fällen sexualisierter Gewalt das
bestimmende Thema. Das ist deshalb zu bedauern, weil im Mittelpunkt der ForuM-Studie
die Erfahrungen, Hinweise und Forderungen der betroffenen Personen an die Institution
Kirche stehen. In der Studie finden sich viele Hinweise auf institutionelle Schwächen und
organisationale Probleme in der Gegenwart und Vergangenheit.

Diesen werden wir konsequent auf EKD-Ebene und auch bei uns in Bayern nachgehen.
Über die nächsten Schritte werden wir Sie informieren.
In der vertraglichen Vereinbarung mit den Forschenden war als gemeinsame Absicht
festgehalten, dass die Personalakten aller Landeskirchen analysiert werden. Im
Projektverlauf hat auch unsere Landeskirche rückgemeldet, dass eine systematische Analyse
aller Personalakten in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu schaffen ist.
Allein in Bayern haben wir aktuell rund 30 000 Mitarbeitende mit unterschiedlichen
Anstellungsträgern (Landeskirche, Dekanate, Gemeinden, selbständige Einrichtungen). Für
die Jahre 1945-2020 würde eine sechsstellige Zahl zusammenkommen. Deshalb sind wir
davon ausgegangen, dass die Durchsicht der Disziplinarakten eine Grundlage für die
Analyse bietet. Bei der Vorstellung der Studie und in der Medienberichterstattung sind die
Gründe, die dafür verantwortlich waren, dass wir die Personalakten in der zur Verfügung
stehenden Zeit noch nicht umfassend analysieren konnten, aus unserer Sicht nicht
angemessen dargelegt worden. Die vollständige Durchsicht der Personalakten bleibt eine
Aufgabe, der sich die Landeskirchen in der näheren Zukunft stellen müssen.


Ich grüße Sie herzlich mit den Worten, die wir Konfirmanden und Konfirmandinnen
zusagen: Schutz und Schirm vor allem Bösen, Stärke und Hilfe zu allem Guten.
Ihr
Christian Kopp

 

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